Eine sehr ausführlich begründete Entscheidung des OVG Lüneburg zur Relevanz des Datenschutzes bei der Bildnisveröffentlichung im Internet geht im Kern folgender Frage nach:
Darf der Ortsverein einer Partei ein vor vier Jahren aufgenommenes Gruppenfoto, das 30 bis 40 Personen zeigt, ohne Einwilligung der erkennbar abgebildten Personen auf seiner Facebook-Präsenz zeigen?
Die Antwort: Nein.
Ein näherer Blick auf die Entscheidung lohnt trotzdem. Es locken praxisnahe Leitsätze und Überlegungen zur Anwendbarkeit von §§ 22, 23 KUG nach Art. 85 Abs. 2 DSGVO im Lichte von Erwägungsgrund 153.
Leitsätze 1 bis 4:
- Die Veröffentlichung eines Fotos auf einer Fanpage bei Facebook, auf dem Personen identifizierbar sind, stellt eine Verarbeitung personenbezogener Daten dar, die einer Legitimation nach datenschutzrechtlichen Vorschriften bedarf.
- Kann das Ziel einer Datenverarbeitung auch durch die Veröffentlichung anonymisierter Daten erreicht werden, ist eine unanonymisierte Veröffentlichung nicht erforderlich.
- Bei einem auf einer Fanpage bei Facebook veröffentlichten Foto, auf dem Personen identifizierbar sind, die in die Veröffentlichung nicht eingewilligt haben, ist im Rahmen der Interessenabwägung nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO zugunsten der betroffenen Personen u.a. zu berücksichtigen, dass eine solche Veröffentlichung aufgrund bestehender Missbrauchsmöglichkeiten sowie aufgrund der großen Reichweite derartiger Netzwerke mit erheblichen Risiken verbunden ist.
- Art. 21 GG, § 1 ParteienG stellen keine spezifischen Rechtsgrundlagen zur Verarbeitung personenbezogener Daten i.S.v. Art. 6 Abs. 1 lit. e, Abs. 2 und Abs. 3 DS-GVO dar.
Damit lässt sich arbeiten. Wer es noch genauer wissen möchte, mag sich die 52 Absätze der sehr instruktiven Entscheidung im Volltext zu Gemüte führen.
Der Senat geht auch auf die Anwendbarkeit von §§ 22, 23 KUG nach Art. 85 Abs. 2 DSGVO im Lichte von Erwägungsgrund 153 ein, Rn. 40:
Die Spezifizierungsklausel des Art. 85 Abs. 2 DS-GVO kann demnach nur dann zur Anwendung gelangen, wenn es sich im konkreten Einzelfall um eine Verarbeitung zu journalistischen, wissenschaftlichen, künstlerischen oder literarischen Zwecken handelt […]. Allerdings liegen journalistische Zwecke (nur) dann vor, wenn die Verarbeitung im Zusammenhang mit der journalistisch-redaktionellen und damit meinungsrelevanten Tätigkeit eines Medienakteurs steht […]. […] Folglich fällt auch nicht jegliche im Internet veröffentlichte Information, die sich auf personenbezogene Daten bezieht, unter den Begriff der journalistischen Tätigkeit […]. Zudem gilt die Privilegierung nach dem Erwägungsgrund 153 DS-GVO nur für solche Tätigkeiten, die „ausschließlich“ zu journalistischen Zwecken erfolgen.
OVG Lüneburg, Beschluss vom 19.01.2021, Az. 11 LA 16/20