OLG Köln zur Werbekennzeichnung von Influencer-Posts

Das OLG Köln hatte Anlass, sich mit der Werbekennzeichnung von Influencer-Posts zu befassen. Die Entscheidung ist zugleich eine kompakte Momentaufnahme zur Kennzeichnungspflicht von Beiträgen in sozialen Medien.

Es ging um Posts von Diana zur Löwen, die sich als Webvideoproduzentin und Influencerin betätigt. Stand heute hat sie 632.000 Youtube-Follower:innen und 977.000 Abonennt:innen auf Instagram. Die Influencerin hatte sich bereits 2018 gegenüber einem Wettbewerbsverband zu einer Werbekennzeichnung bei kommerziellen Posts verpflichtet und sah sich Anfang 2019 außergerichtlich einer Vertragsstrafenforderung ausgesetzt.

Streitgegenständlich waren nunmehr Beiträge aus dem Herbst 2019, die nicht als Werbung gekennzeichnet waren. Als Grund hatte die Influencerin vorgebracht, für die Posts keine unmittelbare Vergütung erhalten zu haben. Weitere Details sind liebevoll im Urteil beschrieben („ist die Beklagte vor dem Hintergrund einer Waldlandschaft zu sehen“) und mit Screenshots bebildert.

Das OLG hält in den amtlichen Leitsätzen fest:

  • Der Umstand, dass Äußerungen von Influencern auch redaktioneller oder informierender Natur sind, steht einer Bewertung als geschäftliche Handlung nicht entgegen, weil auch journalismusnahe Tätigkeiten der UWG-Kontrolle nicht entzogen sind, wenn sie mittelbar durch Werbung finanziert werden.
  • Eine Kennzeichnung von Influencer-Mitteilungen auf Instagram ist auch bei followerstarken Profilen nicht stets entbehrlich, denn gerade dieser Dienst profitiert davon, dass Profilinhaber sich nicht nur als kommerziell tätig, sondern als authentisch bezeichnen.
  • Eine überwiegende kommerzielle Absicht ist bei Postings von Influencern zu vermuten, wenn Mitteilungen durch ein direktes Entgelt oder eine sonstige, auch geringwertige Gegenleistung mitbeeinflusst werden.

Die Entscheidung enthält einen Abriss zum Stand der Rechtsprechung und setzt sich auch mit der abweichenden Ansicht auseinander, die das OLG München seiner Entscheidung „Blauer Plüschelefant“ im Falle von Cathy Hummels eingenommen hatte (keine Schleichwerbung bei unentgeltlichen Produkt-Posts = OLG München, Urteil vom 25.06.2020, Az. 29 U 2333/19, Revision beim BGH unter dem Az. I ZR 126/20):

(27) Soweit durch die Produktdarstellung in Posts Unternehmensinteressen gefördert werden, liegt eine geschäftliche Handlung auch bereits vor, wenn keine explizite Förderabsicht nachweisbar ist. Allein der objektive Zusammenhang, also die tatsächliche Förderung oder Begünstigung kommerzieller Zwecke, genügt hierfür. Das ist eindeutig, wenn für eine Veröffentlichung ein Entgelt oder eine sonstige Gegenleistung gezahlt wird. Fehlt es – wie hier an dem konkreten Nachweis einer solchen Entgeltzahlung – kommt es darauf an, ob eine Veröffentlichung vorwiegend der Information oder ob sie vorwiegend der Förderung von Absatzzwecken dient. Im Bereich der Influencerhandelns haben die Gerichte – schon weil der diesbezügliche konkrete Nachweis schwierig ist – das Überwiegen geschäftlicher Zwecke anhand von Indizien bestimmt. Dazu gehören insbesondere in das Foto eingebettete Tags mit Verlinkung zu Herstellerseiten […], aber auch eine hohe Anzahl an Followern […].

(28) Diese Kriterien sind vorliegend erfüllt. Sämtliche streitgegenständlichen Motive sind vertaggt, die Zahl der Follower ist erheblich, die Beklagte wird in einem Ranking der erfolgreichsten Influencerinnen geführt.

(29) Gegen eine geschäftliche Handlung spricht nicht, dass die Postings auch das Informationsinteresse der Follower an ihrem Leben und ihren Modeinteressen befriedigt. Zwar hat das OLG München die vorgenannte Kriterien zum Anlass genommen, im dort zu entscheidenden Fall eine geschäftliche Handlung zu verneinen, weil „Informationen zu … verwendeten Produkten, inklusive der angebrachten Tags und Links, … genauso wie die Informationen zu ihren Erlebnissen und Eindrücken zum ‚redaktionellen‘ Teil (eines) Posts“ gehören […]. Das OLG München meint insbesondere, dass eine solche Verbindung von Informationen mit dem Interesse an einer indirekten Finanzierung durch Werbung medientypisch sei und auch etwa bei Modezeitschriften nicht dazu führe, dass der redaktionelle Inhalt von Produktbeschreibungen zu verneinen sei.

(30) Die Bedürfnisse einer mittelbaren Werbefinanzierung in anderen Medien führt nach Ansicht des Senats allerdings nicht dazu, dass die Annahme einer geschäftlichen Handlung fehlt. Die Beklagte hat im hier zu beurteilenden Fall eingeräumt, dass es ihr in ihren Blogs darum geht, ein möglichst authentisches Bild ihrer Lebensumstände und Modeinteressen zu vermitteln, sie andererseits aber auch Kooperationen mit Unternehmen jedenfalls unterhalten hat und mit ihren Postings auch Unterstützung von Unternehmen, etwa mit dem Motiv 3 – Oktoberfest, entgegennimmt. Gerade deshalb bleibt unklar, ob die redaktionellen oder die kommerziellen Interessen überwiegen oder ob sie geradezu vermischt werden. Das aber ist die Grundkonstellation, die zur Anwendung des lauterkeitsrechtlichen Tatbestands der getarnten Werbung führt und die zur Anwendbarkeit des UWG führen. Daher entscheidet erst die konkrete Ausgestaltung des Posts darüber, ob kommerzielle oder redaktionelle Interessen überwiegen. Das entspricht dem im UWG geltenden Gebot der Trennung von Werbung und redaktionellem Inhalt. Auch Presse und Rundfunk wird die Werbefinanzierung nur dann und insoweit gestattet, als eine klare Trennung zwischen Programm und kommerzieller Kommunikation vorgenommen wird. Das Trennungsgebot gilt auch für Äußerungen auf Internetdiensten […] und in sozialen Medien.

Zu Sinn, Zweck und Umsetzbarkeit des Trennungs- und Kennzeichnungsgebots weiter in Rn. 40:

Die Kennzeichnungsgebote für kommerzielle Kommunikationen soll (sic!) nämlich den Verbraucher vor einer Irreführung über die eigentliche Motivation einer Kommunikation schützen, aber auch wirtschaftliche Einflüsse auf die inhaltliche Kommunikation begrenzen […]. Der ursprünglich für Rundfunk und Presse entwickelte Grundsatz ist auch bei der sozialen Kommunikation in Diensten wie Instagram beachtlich. Gerade durch die Vermischung privater Kommunikation mit der dadurch angestrebten Entwicklung eines für die Unternehmenskommunikation attraktiven Images der Protagonisten ist eine klare Trennung zwischen kommerziellen und inhaltlichen Botschaften vorzunehmen. […] Die Kennzeichnungspflicht verbietet eine Vermischung redaktioneller und werblicher Kommunikation nicht, sie erfordert nur die Herstellung von Transparenz, bei einer Vermischung also die Kennzeichnung als Werbung. Die Befürchtungen der Beklagten, dass ihre Tätigkeit durch eine solche Pflicht insgesamt begrenzt oder beeinträchtigt werden könnte, sind insoweit unbegründet […]. Sie darf auf die streitgegenständliche Weise kommunizieren, muss aber bei fehlendem Eigenerwerb und bei fehlendem redaktionellen Anlass die Kommunikation als kommerziell motiviert kennzeichnen.

Ausblick

Es bleibt spannend.

Nicht nur ist beim Bundesgerichtshof eine Revision im Falle „Blauer Plüschelefant“ anhängig. Auch liegt mittlerweile der Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht vor, der auch das Influencer-Marketing im Blick hat und allein auf die Entgeltlichkeit bzw. ähnliche Gegenleistungen abstellt. § 5a Abs. 4 S. 2 UWG-E lautet:

Ein kommerzieller Zweck liegt bei einer Handlung zugunsten eines fremden Unternehmers nicht vor, wenn der Handelnde kein Entgelt oder keine ähnliche Gegenleistung für die Handlung von dem fremden Unternehmer erhält oder sich versprechen lässt.

Das OLG Köln sieht hierin keine taugliche Lösung. Zum insoweit identischen Referentenentwurf merkt es in seinem Urteil an:

(37) Die dort gewählte Grundannahme ist aber nach Auffassung des Senats nicht angemessen. Zum einen liegt sie derzeit nur Nr. 11 der sog. Blacklist, also dem Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG zugrunde. § 5a Abs. 6 UWG verlangt für das Vorliegen getarnter Werbung dagegen nicht nur den Nachweis einer Entgeltzahlung. Auch die insoweit maßgebliche Vorgabe in Art. 7 Abs. 2 der RL 2005/29/EG geht davon aus, dass eine irreführende Praktik eines Unternehmers vorliegt, „wenn er den kommerziellen Zweck der Geschäftspraxis nicht kenntlich macht, sofern er sich nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt“. Daher kann der Nachweis einer kommerziellen Absicht auch aus anderen Umständen als der Zahlung eines direkten Entgelts gefolgert werden. Bereits deshalb ist fraglich, ob der Vorschlag im Referentenentwurf richtlinienkonform wäre.

(38) Aus Sicht des Senats kann weder pauschal gefolgert werden, dass ein auch geringer redaktioneller Anlass bereits das kommerzielle Interesse ausschließt, noch dass allein bei Nachweis eines konkreten Entgelts die Unlauterkeit anzunehmen wäre. Entscheidend ist vielmehr, dass § 5a Abs. 6 UrhG eine Vermutung zugunsten einer überwiegenden kommerziellen Absicht nur ausschließt, wenn einerseits sowohl eine konkrete Entgeltzahlung als auch ein mittelbarer Vorteil seitens des begünstigen Unternehmens ausscheidet, andererseits keine einseitige und übermäßige Herausstellung des objektiv begünstigten Unternehmens vorliegt.

OLG Köln, Urteil vom 19.02.2021, Az. 6 U 103/20 („Diana zur Löwen“)