KG Berlin: Haustürwerbung nachwievor nicht per se belästigend

Dose Frühstücksfleisch der Marke SPAM
Dose Frühstücksfleisch der Marke SPAM

Haustürwerbung, also der uneingeladene und unangekündigte Besuch von Vertreter:innen, ist, wenn Sie mich fragen, selten geworden, aber lästig geblieben. Deutlich lästiger jedenfalls als eine unerwünschte Werbe-E-Mail (oder so manche Direktnachricht auf LinkedIn). Es beginnt doch schon damit, dass selbst im günstigsten Fall – Vertreter wird umgehend weggeschickt – ungleich mehr Zeit und Nerven aufgewendet werden müssen als es für das Löschen oder Ignorieren einer elektronischen Nachricht erforderlich ist. Ich jedenfalls muss nicht mein Tagewerk zu einem fremdbestimmten Zeitpunkt unterbrechen und zur Haustür laufen, um eine elektronische Belästigung zu erkennen und abzustellen.

Schon länger wird im Schrifttum ein Opt-in oder zumindest eine mutmaßliche Einwilligung für B2C-Haustürwerbung gefordert (Reich, GRUR 2011, 589, 595; weitere Nachweise von Köhler im Köhler/Bornkamm/Feddersen, 39. Aufl. 2021, § 7 UWG Rn. 51).

Der Gesetzgeber hat Haustürbesuchen leider keine eigene Fallgruppe der unzumutbaren Belästigung gewidmet. Während unerwünschte Werbemails in § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG ausdrücklich und ausnahmslos zur unzumutbaren Belästigung erklärt werden, müssen bei Haustürbesuchen regelmäßig besondere Umstände hinzutreten, etwa das Ignorieren eines Schildes wie „Betteln und Hausieren verboten“.

Zuletzt hat das Berliner Kammergericht (KG) die Chance gehabt, sich hier lebens- und verbrauchernah zu positionieren, aber leider nicht genutzt. Immerhin findet sich in den Rn. 26-47 eine ausführliche Darstellung und Diskussion der Thematik.

Hier nur die Leitsätze 1 und 2:

  1. Der Senat hält daran fest, dass eine unangekündigte oder ohne Einwilligung durchgeführte Haustürwerbung nur dann eine unzumutbare Belästigung im Sinne von § 7 Absatz 1 Satz 1 UWG begründet, wenn aufgrund besonderer Umstände die Gefahr einer untragbaren oder sonst wettbewerbswidrigen Belästigung und Beunruhigung des privaten Lebensbereichs gegeben ist.
  2. In Bezug auf Haustürbesuche, insbesondere im Hinblick auf ihre gegenüber Verbrauchern durchgeführte Anzahl, sind keine tatsächlichen Veränderungen erkennbar, die dazu führen, derzeit in unangekündigten oder ohne Einwilligung durchgeführten Haustürbesuchen grundsätzlich einen Verstoß gegen § 7 Absatz 1 Satz 1 UWG zu sehen.

KG Berlin, Urteil vom 01.12.2020, Az. 5 U 26/19