Das Landgericht (LG) Bielefeld hat den Streitwert eines einstweiligen Verfügungsverfahrens, bei dem es um das Verbot einer rufschädigenden Äußerung auf Facebook ging, auf 10.000 € festgesetzt. Auf die Streitwertbeschwerde des Verfügungsbeklagten hin bestätigte das Oberlandesgericht (OLG) Hamm die Bielefelder Entscheidung.
Der Fall
Die Verfügungsklägerin des einstweiligen Verfügungsverfahrens erbringt Finanzdienstleistungen und unterhält eine Facebook-Seite, auf der für Kunden die Gelegenheit besteht, Bewertungen abzugeben. Der Verfügungsbeklagte äußerte dort unter anderem „Nazis raus!!“ und „Meidet dieses Unternehmen!“. Diese unwahre Tatsachenbehauptung und den Boykottaufruf nahm die spätere Verfügungsklägerin zum Anlass, den späteren Verfügungsbeklagten zunächst per Chat aufzufordern, die Bewertung zu löschen, die Sache sei dann erledigt. Als der Bewertende daraufhin einen „Shitstorm“ ankündigte, erfolgte die anwaltliche Intervention, also eine Abmahnung an den Bewertenden und eine Löschungsaufforderung an Facebook.
Während Facebook die Äußerung binnen 24 Stunden gelöscht hatte, ignorierte der Bewertende die Abmahnung. Es wurde Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt. Im Gerichtstermin überreichte der Verfügungsbeklagte dann (endlich) eine geeignete Unterlassungserklärung, woraufhin der Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt wurde. Das Gericht verpflichtete den Verfügungsbeklagten zur Kostentragung und setzte den Streitwert auf 10.000 Euro fest.
Dagegen wandte sich der Verfügungsbeklagte mit einer Streitwertbeschwerde und brachte vor, die beanstandete Äußerung sei ja binnen 24 Stunden gelöscht worden, sodass die Rechtsverletzung lediglich geringe Intensität gehabt habe. Zudem bewege der Verfügungsbeklagte sich in beengten finanziellen Verhältnissen.
Das LG Bielefeld half nicht ab (Beschluss vom 14.06.2016):
Es muss berücksichtigt werden, dass aufgrund jeder ehrverletzenden Behauptung vor allem auch das wirtschaftliche Interesse eines Unternehmens – ausschlaggebend durch den Ruf – betroffen ist. Die in Rede stehende Behauptung wurde im Internet veröffentlicht und war der Öffentlichkeit zugänglich. Die Behauptung war dadurch in erheblichem Maße geeignet ist, den Ruf der Antragstellerin zu beeinträchtigen mit der Folge, dass auch wirtschaftliche Einbußen zu befürchten sind. Dies rechtfertigt es, den Streitwert auf 10.000,00 € festzusetzen.
Ferner muss berücksichtigt werden, dass auch die Möglichkeit der Weiterleitung des in Rede stehenden Inhalts bestand, der Antragsgegner selbst die Löschung nicht herbeiführte und er sich auch weigerte, die Unterlassungserklärung zu unterschreiben.
Das OLG bestätigte die Entscheidung. Aus den Gründen:
Das Landgericht hat insoweit zutreffend darauf hingewiesen, dass die beanstandete Äußerung des Verfügungsbeklagten geeignet war, den Ruf der Verfügungsklägerin nachhaltig zu beeinträchtigen, so dass deren wirtschaftliches Interesse erheblich betroffen worden ist. Selbst wenn die herabwürdigende Bewertung der Verfügungsklägerin und ihres Geschäftsführers durch den Verfügungsbeklagten sowie dessen Boykottaufruf in dem sozialen Netzwerk „Facebook“ nur relativ kurzzeitig im Internet einsehbar waren, ist zu berücksichtigen, dass der Verfügungsbeklagte gerade die Wiederholung und Intensivierung seiner geschäftsschädigenden Kritik, vor allem durch die Initiierung eines sog. „Shitstorms“, angekündigt hatte. Deshalb ist dem geltend gemachten Unterlassungsanspruch ein deutliches Gewicht beizumessen, das auch im einstweiligen Verfügungsverfahren die Festsetzung eines Streitwertes von 10.000,00 € rechtfertigt.
OLG Hamm, Beschluss vom 25.07.2016, Az. I-3 W 23/16
[Offenlegung: Ich war an dem Verfahren als Prozessbevollmächtigter der Verfügungsklägerin beteiligt.]