Hinweispflichten beim Verkauf von Auslaufmodellen

Es sollte kein Geheimnis sein, dass Händler bei der Bewerbung hochwertiger Unterhaltungselektronik verpflichtet sind, darauf hinzuweisen, wenn das angepriesene Produkt ein Auslaufmodell ist. Insofern überraschte ein im Herbst 2010 veröffentlichtes Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf nicht (Urteil vom 7. September 2010, Az. I- 20 U 171/02). Dort stand nicht die Hinweispflicht in Frage. Streitig war vielmehr, ob es sich bei dem streitgegenständlichen Camcorder überhaupt um ein Auslaufmodell handelte.

Nachstehend finden sich einige Grundsätze zur Hinweispflicht für Auslaufmodelle dar.

Wann besteht eine Hinweispflicht?

Im Verschweigen einer nachteiligen Eigenschaft kann gemäß § 5a UWG eine Irreführung liegen, wenn die möglichen Kunden durch das Verschweigen in einem für die Kaufentscheidung wesentlichen Punkt getäuscht werden. Ein Werbender ist zur Offenlegung negativer Eigenschaften jedenfalls dann verpflichtet, wenn das Interesse des Kunden an einer umfassenden Information schwerer wiegt als das Interesse des Händlers an einer einfachen und plakativen Werbeaussage.

Was ist ein Auslaufmodell?

Im Bereich der Bewerbung hochwertiger Unterhaltungselektronik hat der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 3. Dezember 1998, Az. I ZR 63/96, BeckRS 1997, 30037058) schon 1998 entschieden, dass für solche Geräte eine Hinweispflicht besteht,

  • die vom Hersteller nicht mehr produziert und nicht mehr im Sortiment geführt oder
  • von ihm selbst als Auslaufmodell bezeichnet

werden. Wenn ein Händler ein Gerät aus der laufenden Produktion erworben hat, so kann der Hinweis auf die Modelländerung so lange unterbleiben, bis das Nachfolgemodell verkauft wird oder – falls kein Nachfolgemodell auf den Markt – bis die Ware üblicherweise abgesetzt ist.

Fallgruppen

Die Frage, ob auf die Eigenschaft Auslaufmodell hingewiesen werden muss, hängt vom jeweiligen Produkt ab. Der BGH hält dies bei Kraftfahrzeugen oder Computern für grundsätzlich unerlässlich, verdeutlich aber auch, dass es der Kundschaft bei vielen Waren egal ist, ob das Produkt unverändert hergestellt und vertrieben wird. Folgende Fallgruppen waren bereits Gegenstand der Rechtsprechung:

  • hochwertige Geräte aus dem Segment Unterhaltungselektronik: siehe oben
  • Auch die Werbung für nicht mehr hergestellte Haushaltsgroßgeräte ist ohne entsprechenden Hinweis irreführend (Köhler/Bornkamm, § 5a UWG, Rn. 14). Die Bezeichnung als Auslaufmodell kann aber unterbleiben, wenn der Hersteller ein baugleiches und technisch identisches Modell mit lediglich neuer Bezeichnung vertreibt (OLG Köln, Urteil vom 4. April 2003, Az. 6 U 85/02).
  • Wenn Skier im Sommer angeboten werden, ist laut dem OLG München ein Hinweis geboten, wenn schon klar ist, dass das Modell in der folgenden Saison nicht mehr angeboten wird.
  • Zur Anpreisung modischer Bekleidung entschied das OLG Hamm im Jahr 1983 (Urteil vom 10. März 1983, Az. 4 U 52/83), dass der Werbende darauf hinweisen muss, dass es sich um Kollektionen früherer Jahre handelt, wenn dies den Kaufentschluss beeinflusst. Veränderte Stoffe und Schnitte könnten wie weitere modische Attribute für die Entscheidung gerade jüngerer Käuferschichten ausschlaggebend sein. Der Streit betraf „Jeanshosen“ aus der Kollektion des Vorjahrs.
  • Bei der Bewerbung von Schulrucksäcken ist dagegen kein Hinweis auf deren Eigenschaft als Auslaufmodelle erforderlich (Kammergericht, Beschluss vom 24. September 2004, Az. 5 W 140/04). Zum einen sei Eltern und Schülern schon nicht bewusst, dass die Hersteller von Schulrucksäcken regelmäßig neue Modelle auf den Markt bringen. Zum anderen seien die verschiedenen Ausgestaltungen aus sich heraus auch nicht erkennbar. Daher würden ältere Produktgenerationen weder als Auslaufmodelle wahrgenommen noch könnten Schüler „als Träger eines billigen Auslaufmodells ins Gerede kommen“. Zudem würden die Käufer von Schulrucksäcken sich an Ausstattung, Marke und Preis orientieren, eine Neuanschaffung erfolge bedarfsabhängig, jedoch nicht wegen eines Modetrends.