Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen einstweilige Verfügung möglich

Wenn bei Erlass einer einstweiligen Verfügung prozessuale Rechte der Antragsgegner:in bewusst übergangen werden und damit ihr grundrechtsgleiches Recht auf prozessuale Waffengleichheit verletzt wird (Artikel 3 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes), dann kann gegen die einstweilige Verfügung binnen Monatsfrist (§ 93 Abs. 1 BVerfGG) Verfassungsbeschwerde erhoben werden.

Eine Verletzung der Grundsätze der Gewährung rechtlichen Gehörs, der Waffengleichheit und des fairen Verfahrens kann nicht durch das Widerspruchs- oder Aufhebungsverfahren beseitigt werden. Vielmehr liegt unmittelbar ein fortwirkendes Feststellungsinteresse vor.

Was passiert, wenn die Verfassungsbeschwerde Erfolg hat?

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) überprüft nicht die mit der Verfügung getroffene materielle Entscheidung, d.h. wenn es die Missachtung von Verfahrensrechten feststellt, dann setzt es „nur“ die Wirksamkeit des Verfügungsbeschlusses vorübergehend aus.

Ein zu beachtendes Verbot gegen die Antragsgegner:in kann sodann erst nach Durchführung des Widerspruchsverfahrens ergehen.

BVerfG, Beschlüsse vom 06.06.2017, Az. 1 BvQ 16/17, 1 BvQ 17/17, 1 BvR 764/17 und 1 BvR 770/17, und vom 11.01.2021, Az. 1 BvR 2681/20