LG Hamburg: Wer schreibt der bleibt, wer (nur) mailt, der failt

Englischsprachiger Aushang weist auf Ladenschließung aus besonderen Gründen hin.
In der B2C-Kommunikation Fragen offen zu lassen ist selten eine gute Idee.

Wer schreibt der bleibt. Wer (nur) mailt, der failt. So könnte man das Urteil des Landgerichts (LG) Hamburg zu den Klauseln

1.1 Diese Lieferverträge sind reine Online-Verträge, d.h. eine Kommunikation erfolgt ausschließlich über elektronische Kommunikationswege.

und

2.4 Solange der Kunde sich noch nicht für das Kundenportal registriert hat bzw. [Anbieter] aus vom Kunden zu vertretenden Gründen an der elektronischen Kommunikation gehindert ist, ist [Anbieter] berechtigt, die Kommunikation per Briefpost vorzunehmen. Die Kosten hierfür werden dem Kunden verursachungsgerecht in Rechnung gestellt. Der Kunde kann diese Kosten gemäß § 315 BGB auf ihre Billigkeit überprüfen lassen.

eines Energieversorgungsunternehmens grob vereinfacht umreißen.

Klausel 1.1 verstößt gegen das Transparenzgebot aus § 307 Abs. 1 S. 2 BGB, denn Kund:innen könnten glauben, dass sie vertragserhebliche Erklärungen ausschließlich elektronisch in Textform abgeben dürfen. Es bleibt ihnen aber unbenommen, Widerrufe, Kündigungen etc. auch schriftlich zu erklären.

Aus Klausel 2.4 können Kund:innen nicht entnehmen, wie die verursachungsgerechten Kosten sich zusammensetzen und wie hoch sie ausfallen. Sie wissen daher bei Vertragsschluss nicht, was auf sie zukommt. Was ebenfalls gegen das Transparenzgebot verstößt, siehe auch Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 07.02.20219, Az. III ZR 38/18 Rz. 38 (mit Hervorhebung durch den Verfasser):

Das Transparenzgebot verpflichtet den Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen, Rechte und Pflichten seiner Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dazu gehört nicht nur, dass die einzelne Regelung für sich genommen klar formuliert ist; sie muss auch im Kontext mit dem übrigen Klauselwerk verständlich sein. Erforderlich ist ferner, dass zusammengehörende Regelungen im Zusammenhang aufgeführt werden oder dieser in anderer Weise, zum Beispiel durch Bezugnahme auf konkrete Klauseln, deutlich gemacht wird. Die Klausel muss die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen für einen durchschnittlichen Vertragspartner so weit erkennen lassen, wie dies unter Berücksichtigung von Treu und Glauben nach den Umständen gefordert werden kann. Der Vertragspartner des Verwenders muss bereits bei Vertragsschluss erkennen können, was gegebenenfalls „auf ihn zukommt“. Eine Vertragsgestaltung, die objektiv dazu geeignet ist, den Vertragspartner bezüglich seiner Rechtsstellung in die Irre zu führen, verstößt gegen das Transparenzgebot (st. Rspr.; vgl. nur Senat, Urteil vom 9. Juni 2011 – III ZR 157/10, NJW-RR 2011, 1618 Rn. 27; BGH, Urteile vom 29. April 2015 – VIII ZR 104/14, NJW 2015, 2244 Rn. 16; vom 3. Dezember 2015 – VII ZR 100/15, NJW 2016, 401 Rn. 22; vom 25. Februar 2016 – VII ZR 156/13, NJW 2016, 1575 Rn. 31 und vom 4. April 2018 – IV ZR 104/17, NJW 2018, 1544 Rn. 8; siehe auch Palandt/Grüneberg aaO Rn. 21, 25, 27; jeweils mwN).

LG Hamburg, Urteil vom 29.04.2021, Az. 312 O 94/20 [PDF]