LG Frankfurt/Main (6. KfH): Fliegender Gerichtsstand nur bei Online-Verstößen abgeschafft

Luftansicht von Frankfurt am Main
So kann man Frankfurt/Main beim An- oder Abflug aus der Luft sehen.

Die 6. Kammer für Handelssachen (KfH) des Landgerichts (LG) Frankfurt/Main positioniert sich in der Debatte um den fliegenden Gerichtsstand und stellt sich ebenfalls gegen den – ihres Erachtens wohl: verunglückten – Wortlaut von § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG.

Leitsatz

Die Zuständigkeitsregelung des § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG greift nur ein, wenn die betreffende Zuwiderhandlung tatbestandlich an ein Handeln im elektronischen Rechtsverkehr oder in Telemedien anknüpft.

Aus den Gründen (Hervorhebungen durch den Verfasser)

Die Einschränkung der Zuständigkeitsregelung in § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG, wonach Satz 2 nicht gilt für Rechtsstreitigkeiten wegen Zuwiderhandlungen im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien, greift im vorliegenden Fall nicht ein.

Die Vorschrift ist einer teleologischen Auslegung zugänglich. Ihrem Wortlaut fehlt es an der notwendigen Eindeutigkeit, wie die Doppelung der Begriffe „elektronischer Geschäftsverkehr“ und „Telemedien“ belegt.

Im Rahmen der Auslegung ist die Entstehungshistorie der Vorschrift heranzuziehen, wonach im Gesetzgebungsverfahren die zunächst geplante Abschaffung des fliegenden Gerichtsstandes aufgegeben wurde zugunsten einer Regelung, die den fliegenden Gerichtsstand auf typische Fälle rechtsmissbräuchlicher Abmahnungen beschränken sollte, wie der Verletzung von Informations- und Kennzeichnungspflichten im Internet (vgl. Lerach, jurisPR-WettbR 3/2021). Daraus ist zu schließen, dass dem gesetzgeberischen Willen eine textliche Angleichung von § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG an die Regelung in § 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG entsprach, die jedoch aufgrund eines redaktionellen Versehens unterblieben ist. Der Ausschlusstatbestand ist teleologisch dahingehend zu reduzieren, als dieser nur dann eingreift, wenn die betreffende Zuwiderhandlung tatbestandlich an ein Handeln im elektronischen Rechtsverkehr oder in Telemedien anknüpft (vgl. LG Düsseldorf, Beschluss vom 26.02.2021, Az. 38 O 19/21).

Eine solche an ein Handeln im elektronischen Rechtsverkehr oder in Telemedien anknüpfende Rechtsverletzung ist jedoch vorliegend nicht streitgegenständlich. Vielmehr macht der Verfügungskläger einen Verstoß geltend, der auf § 4 Nr. 1, 2 UWG gestützt wird. Bei einem solchen Verstoß fehlt es jedoch an einer Verletzung, die geeignet ist, ein hohes Missbrauchspotential und die Gefahr von Massenabmahnungen zu begründen wie es z.B. bei einer Verletzung von Informations- und Kennzeichnungspflichten der Fall ist.

LG Frankfurt/Main, Urteil vom 11.05.2021, Az. 3-06 O 14/21

Rechtsprechung zum fliegenden Gerichtsstand nach der 2020er UWG-Reform